Experten sehen in technologieoffenem Mobilitätsansatz wertvollen Beitrag zur Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft

Führende Mobilitätsexperten fordern im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien die politisch Verantwortlichen auf EU-Ebene auf, rasch Planungssicherheit wiederherzustellen und den Schwebezustand zwischen „vielleicht verboten“ und „vielleicht doch erlaubt“ zu beenden. Für Jürgen Roth, Präsident der eFuel Alliance Österreich, ist die Zeit längst reif, neue Motorenkonzepte und innovative Energieträger zweigleisig voranzutreiben und nicht gegeneinander auszuspielen: „Wenn man etwas möchte, reicht es nicht, es nicht explizit zu verbieten. Dazu gehört auch, Quasi-Verbote zu entfernen. Der Standort Europa leidet, wenn die Europäische Kommission Entscheidungen zwei Jahre vor sich herschiebt. Beim Klimaschutz muss sie den Standort und die Resilienz unserer Wirtschaft mitdenken. Das ist gerade jetzt ein Gebot der Stunde.“

Stephan Schwarzer, Generalsekretär der eFuel Alliance Österreich erklärt: „Der motorisierte Individualverkehr bleibt das Sorgenkind des Klimaschutzes, nachdem sich gezeigt hat, dass Electric-only ein Irrweg war.“ Wie weit die Wunschvorstellung der Politik von der Realität entfernt liegt, zeigen die Verkaufszahlen. Der E-Auto-Anteil im Bestand stieg von Ende 2023 bis Ende 2024 nur um einen Prozentpunkt von drei auf vier Prozent. Schwarzer: „Auch 2030 werden 90 Prozent der Fahrzeuge einen Verbrennungsmotor haben. Genau da muss man ansetzen und CO2-neutrale Kraftstoffe für die große Masse an Bestandsfahrzeugen bereitstellen.“ Ergänzend fügt er hinzu: „Der Kunde ist König – und die Politik hat zu liefern, was der Bevölkerung hilft, CO2-Emissionen abzubauen.“

STUDIE UNTERSTREICHT: SYNTHETISCHE FUELS LIEGEN BEI EMISSIONSREDUKTION VOR E-AUTOS

Eine aktuelle Analyse von Günther Oswald untersucht die CO₂-Emissionen der meistverkauften Fahrzeuge in Österreich im Jahr 2024. Die Ergebnisse zeigen: Fährt ein Verbrenner anstatt mit fossilem Treibstoff mit HVO (hydriertes Pflanzenöl) sinken die Emissionen von bisher 13 bis 14 kg auf 2,6 bis 2,7 kg CO₂/100 km. Damit weisen diese innovativen Treibstoffe eine bessere Ökobilanz auf als E-Autos, die mit dem durchschnittlichen österreichischen Strommix fahren, sofern man die Mehremissionen aus der Batterieproduktion berücksichtigt. Generell bringen E-Autos einen größeren CO2-Rucksack aus der Fahrzeugproduktion mit, der laut Studie mit zusätzlich 4 bis 5 kg CO₂/100 km veranschlagt wird. In Wintermonaten oder bei Dunkelflaute steigen die Stromemissionen auf bis zu 7 kg CO₂/100 km. Günther Oswald: „Mit eFuels können die Emissionen auf 0,3 bis 3,7 kg CO₂/100 km reduziert werden.“

TECHNOLOGIEOFFENHEIT STATT EINHEITSLÖSUNG

Auch Prof. Dr.-Ing. Uwe Dieter Grebe, Vorstand des Instituts für Antriebe und Fahrzeugtechnik (IFA) an der TU Wien, warnt vor einer einseitigen Fokussierung auf batterieelektrische Fahrzeuge und fordert einen technologieoffenen Ansatz. „Wenn wir uns die Möglichkeiten anschauen, die verschiedene Antriebssysteme bieten, und die Voraussetzung zugrunde legen, dass nur erneuerbare Energiequellen verwendet werden, ist es effektiv, grüne Elektronen direkt auf dem Weg der Stromübertragung in die Batterien des batterieelektrischen Fahrzeuges zu bringen. Der effektivste Weg ist das allerdings nur dann, wenn Regenerative Energie zur gleichen Zeit zur Verfügung steht, wenn das elektrische Fahrzeug geladen werden soll. Also bei Sonnenschein oder bei Wind.“ Mit Hilfe von Fischer-Tropsch- oder Methanisierungs-Prozessen können aus grünen Elektronen synthetische Kraftstoffe hergestellt werden. Dem Wasserstoff kommt in allen Umwandlungsprozessen eine zentrale Rolle zu. Er ist durch die Umwandlung des Stroms mit Hilfe von Elektrolyseuren der erste Weg hin zur molekularen Speicherung. Wasserstoff kann aber natürlich auch direkt für den Transport durch das Umsetzen in Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen genutzt werden. Grebe: „Electric-only ist daher grundsätzlich nicht zielführend. Synthetische Kraftstoffe könnten wesentlich zu einer raschen CO2-Reduktion beitragen. Jede Lösung hat dabei ihre Meriten und Schranken, doch alle Lösungen gemeinsam können das Gesamtziel am besten erreichen. CO₂-neutrale, erneuerbare flüssige Kraftstoffe – im Fachjargon „grüne Moleküle“ – sind die logische Ergänzung zu Ökostrom („grüne Elektronen“). Sie ermöglichen es, grüne Energie dort zur Verfügung zu stellen, wo sie gebraucht wird – 365 Tage im Jahr. Beide Technologiestränge sind voranzutreiben.“

POLITIK MUSS WEICHEN ZUGUNSTEN DER E-FUELS STELLEN

Laut Jürgen Roth muss eine sinnvolle Klima-Mobilitäts-Strategie drei Kriterien erfüllen:

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DIE MASSNAHMEN MÜSSEN EFFEKTIV SEIN. Das heißt, dass alle Optionen ausgeschöpft werden, die einen Beitrag leisten können. Es gibt keinen Grund, sich auf einen einzigen Pfad oder eine einzige Technologie zu kaprizieren.

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STRATEGIEN MÜSSEN WIRTSCHAFTLICH SINNVOLL SEIN: Es steht außer Frage, dass wir eFuels für Traktoren, Flugzeuge, Schiffe, Baumaschinen oder Oldtimer benötigen. Bei der Kerosin-Produktion fallen Diesel und Benzin quasi als Kuppelprodukte an. Warum sollten wir sie dann nicht auch gleich für PKW, LKW und Busse verwenden? Der Road-Sektor bringt uns die Schwungmasse für die Kostendegression, die unsere europäischen Airlines dringend benötigen, damit sie nicht von der außereuropäischen Konkurrenz ausgebremst werden können. Wenn Wien – Tokio aufgrund von überbordender EU-Regulatorik zu teuer ist, werden viele in Zukunft von Wien über Istanbul nach Tokio fliegen müssen, zum Nachteil des Wiener Flughafens, der AUA und des Klimaschutzes (weil eine Strecke auf zwei Segmente aufgeteilt wird).

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STANDORTPOLITIK MUSS GANZHEITLICH GEDACHT WERDEN: Europa deckt zwei Drittel seines Energiebedarfs durch Importe ab – aktuell vor allem in Form von Braunkohle, Steinkohle, Erdöl, Erdgas. Den Erdölanteil können wir durch flüssige klimaneutrale Energieträger substituieren. Sie stärken die Resilienz unserer Wirtschaft, da sie die notwendige Diversifikation gewährleisten: Weltweit haben rund 100 Länder gute bzw. sehr gute Voraussetzungen für eFuels-Produktionsstätten. Für die europäische Verteidigung wird es notwendig sein, dass bevorratbare flüssige Energieträger für militärisches Gerät zur Verfügung stehen und Unterbrechungen der Stromversorgung nicht bedeuten, dass Geräte den Geist aufgeben oder Fahrzeuge stranden.

DIE FORDERUNG AN DIE EU LAUTET DAHER: Regulatorische Barrieren, die einer eFuels-Massenproduktion im Wege stehen, müssen so rasch wie möglich beseitigt werden. Zwar hat die EU bei den CO2-Grenzwert-Verordnungen Bewegung signalisiert, aber es geht viel zu langsam. Technologieoffenheit wird zwar proklamiert, aber in den Rechtsvorschriften steht etwas anderes. Stephan Schwarzer: „Zuerst fordert die EU fast Unmögliches und dann behindert sie die Projekte zur Umsetzung, das macht einfach keinen Sinn.“

Jürgen Roth: „Es hakt bei den viel zu detaillierten delegierten Rechtsakten, dieses Korsett raubt jedem Investor den Atem. Straffen, durchforsten ist notwendig. Die Europäische Kommission hat Abhilfe angekündigt, aber erst für das 3. Quartal. Bitte Beeilung, so viel Zeit haben wir nicht.“

HAUSAUFGABEN FÜR DEN ÖSTERREICHISCHEN GESETZGEBER

Jürgen Roth ergänzt an die Adresse der österreichischen Bundesregierung: „Der Österreichische Gesetzgeber hat auch Hebel in der Hand, die genutzt werden sollten. Normverbrauchsabgabe und Sachbezug müssen eFuels genauso fördern wie die Elektromobilität. Jede eingesparte Tonne CO2 muss gleichviel zählen, dann kommen wir rascher weiter. Mit der Versicherungssteuer setzt die Bundesregierung ein Signal für Gleichstellung. Wir müssen die Instrumente ausbauen, dann sparen wir bei jedem Mal Tanken CO2 in unserer Klimabilanz. Daher brauchen wir in der Kraftstoffverordnung höhere Quoten für eFuels. Lieber Investitionen in neue Technologien als Strafzahlungen wegen Verfehlung der Klimaziele“, schließt Jürgen Roth. „In der vergangenen Gesetzgebungsperiode passierte hier zu wenig, man hat keine eFuel-Strategie erarbeitet, jetzt besteht Nachholbedarf.“

eFuel Alliance Österreich
Dr. Stephan Schwarzer
Telefon: 0664/3818826
E-Mail: s.schwarzer@efuel-alliance.at

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