Fortschritt in der Alzheimertherapie – neue Medikamente verlangsamen klinischen Krankheitsverlauf um bis zu 30 %

MIT DEN BEIDEN NEUEN AMYLOID-BETA-ANTIKÖRPERN LECANEMAB UND DONANEMAB KANN IM FRÜHEN ALZHEIMERSTADIUM DAS KLINISCHE FORTSCHREITEN DER ERKRANKUNG UM 30 % VERLANGSAMT WERDEN. AUFGRUND MÖGLICHER NEBENWIRKUNGEN WIE HIRNÖDEME UND HIRNBLUTUNGEN ARBEITET DIE EMA NOCH AN SICHEREN VORGABEN FÜR DIE MEDIKAMENTENZULASSUNG IN EUROPA. DARÜBER UND ÜBER WEITERE FORTSCHRITTE IN DER DIAGNOSTIK UND BEI DEN AMYLOID-BETA- UND TAU-IMMUNTHERAPIEN GEHT ES BEI DER INTERNATIONAL CONFERENCE ON ALZHEIMER’S AND PARKINSON’S DISEASES AND RELATED NEUROLOGICAL DISORDERS, DIE VOM 1. BIS 5. APRIL IM AUSTRIA CENTER VIENNA STATTFINDET.

„In der Alzheimerforschung stehen wir mit zwei neuartigen Amyloid-beta-Antikörpern, die voraussichtlich 2025 von der EMA zugelassen werden sollten, vor einem großen Durchbruch. Erstmals hätten wir damit kausal wirkende Alzheimertherapien in der Hand, die sowohl im Hinblick auf Biomarker als auch im klinischen Bereich in einem Frühstadium der Alzheimererkrankung das Fortschreiten der Krankheit deutlich verlangsamen können. Das ist zwar nur ein Anfang und wird im ersten Schritt voraussichtlich auch nur einer kleinen Gruppe von Alzheimer-Patienten zugutekommen, es bringt aber auch andere diagnostische und therapeutische Forschung und Entwicklungen in Gange. Daher bin ich sehr optimistisch, was die Zukunft der Behandlung der Alzheimer-Erkrankung angeht“, so Assoc. Prof. Priv. Doz. Dr. Elisabeth Stögmann, Präsidentin der Österreichischen Alzheimergesellschaft, Leiterin der Arbeitsgruppe für Gedächtnisstörungen und Demenzerkrankungen an der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien/AKH Wien und beim AD/PD-Kongress Vertreterin im Advisory Board und Vorsitzende des Symposiums Amyloid-beta- und Tau- Immuntherapien.

NEUE AMYLOID-BETA-IMMUNTHERAPIEN: LECANEMAB UND DONANEMAB

Amyloid-beta ist ein Eiweiß, das natürlich im Gehirn vorkommt. Im Gehirn von Alzheimerpatienten sammelt sich das Amyloid-beta zwischen den Gehirnzellen an und bildet zunächst kleine Klumpen und später dann riesige Plaques. Diese Plaques stören in Kombination mit einem anderen Eiweiß namens Tau die Kommunikation zwischen den Zellen, sodass die Nervenzellen der erkrankten Menschen zunehmend absterben. „Dieser biologische Prozess startet bereits 15 bis 20 Jahre bevor die ersten klinischen Symptome auftreten. Daher setzen die beiden neuen Medikamente Lecanemab und Donanemab bei Alzheimer-Patienten im Frühstadium an. Die beiden Antikörper binden das Amyloid-beta an sich, fangen es dadurch ein, und führen über immunologische Prozesse zum Abbau dieser Plaques. Das Besondere ist, dass man den Effekt dieser Medikamenten nicht nur bei den biologischen Markern im Nervenwasser und Amyloid-PET sieht, sondern auch im klinischen Bereich das Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung innerhalb von 18 Monaten um 30 % verlangsamt wird“, erklärt Stögmann.

ERSTZULASSUNG NEUER ALZHEIMER-MEDIKAMENTE IN EUROPA HEISS DISKUTIERT

Trotz dieser beeindruckenden Erfolgszahlen prüft die EMA, das ist die europäische Arzneimittel-Agentur, die Zulassung für Europa noch intensiv. Der Grund dafür liegt in den Nebenwirkungen. „Als Nebenwirkungen können Hirnödeme und kleine Hirnblutungen auftreten, die im MRT nachweisbar sind, aber häufig ohne Symptome für den Patienten sind. Je nach Substanz treten diese Nebenwirkungen bei 13-24% der Patienten auf, diese sind jedoch nur in etwa einem Viertel der Fälle klinisch symptomatisch mit Kopfschmerzen oder Verwirrtheit. Ich gehe davon aus, dass die Zulassung der Medikamente in Europa an strenge Vorgaben gekoppelt sein wird. Zum einen wird eine engmaschige MRT-Überwachung notwendig sein, zum anderen werden die Medikamente für bestimmte Risikogruppen, von denen man weiß, dass sie ein höheres Risiko von Hirnödemen und Hirnblutungen haben, vermutlich nicht zugelassen werden. In den Gruppen ohne der Hochrisikovariante (Träger von 2 Varianten des Apolipoprotein E4), treten die Nebenwirkungen deutlich seltener auf und sind in noch geringerer Anzahl symptomatisch“, so Stögmann. Sie geht daher von einer Erstzulassung der Medikamente im Jahr 2025 in Europa aus.

TURBO IN DER ALZHEIMER-FORSCHUNG FÜR OPTIMIERUNG UND VERBESSERUNG

So oder so, die neuen Amyloid-beta-Immuntherapien regen die weitere Alzheimer-Forschung stark an. So gibt es bereits erste Studien über eine andere Amyloid-beta-Immuntherapie namens Trontinemab, die ein geringeres Risiko für die Entwicklung von Hirnödemen haben könnte.

Auch in der Diagnostik wird emsig an dem Nachweis biologischer Marker aus dem Blut gearbeitet. Hier scheint eine einfachere Diagnostik schon in den nächsten ein bis zwei Jahren möglich zu werden.

Da neben dem Eiweiß Amyloid-beta auch das Tau-Protein wesentlich am Krankheitsprozess beteiligt ist, wird auch hier geforscht, um zukünftig eine Tau-Immuntherapie zu entwickeln. „Die Zukunft der frühzeitigen Alzheimer-Behandlung wird wahrscheinlich in einer Kombinationstherapie aus Amyloid-beta-Immuntherapie und Tau-Immuntherapie liegen. Erste Studienergebnisse könnten wir vielleicht dazu schon 2028 sehen“, gibt sich Stögmann hoffnungsvoll.

DEMENZ UND ALZHEIMERERKRANKUNG IM FOKUS

Derzeit sind in Österreich 100.000 bis 150.000 Menschen von einer dementiellen Erkrankung betroffen. Demenz ist ein Oberbegriff für krankhafte Veränderungen des Gehirns, die mit einem fortschreitenden Verlust bestimmter geistiger Funktionen einhergehen. Aufgrund der demografischen Entwicklungen könnte sich die Anzahl an Demenzpatienten bis 2050 mehr als verdoppeln. Alzheimer ist mit 60-70 % aller Demenzen die häufigste Demenzerkrankung. Treten wiederholt erste kognitive Symptome wie Gedächtnisprobleme, Vergesslichkeit, häufiges Verlegen von Gegenständen oder Sprachprobleme auf, die den Alltag zunehmend beeinträchtigen, sollte eine medizinische Abklärung durch einen Allgemeinarzt bzw. in der Folge durch einen Facharzt erfolgen.
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