66. Wiener Gemeinderat (6)

Förderung zur Schaffung von privaten elementaren Bildungsplätzen „Anstoßfinanzierung“ in heilpädagogischen Gruppen sowie eines Rahmenbetrages für das Förderprogramm 2025 und 2026

GR Harald Zierfuß (ÖVP) kündigte seine Zustimmung zur Förderung an und kritisierte, dass Kinder, deren Eltern in Karenz sind, den Ganztagskindergartenplatz verlieren würden. Das sei eine „reine Schikane und absurd“. Die privaten Träger wären laut Zierfuß in der Lage, die benötigten Plätze aufrechtzuerhalten, die städtischen Kindergärten allerdings nicht – trotz höherer Förderungen für städtische Kindergartenplätze. Das sei eine „Schande für die Stadt“. Zierfuß appellierte an die Stadtregierung, den Beruf der Kindergartenpädagog*innen attraktiver zu gestalten. Auch die mangelnden Deutschkenntnisse vieler Kinder, ortete Zierfuß als Problem. Diese Kinder sollten länger den Kindergarten besuchen, wie Zierfuß fand.

GR Mag. Marcus Gremel, MBA (SPÖ) kritisierte die „polemische Wahlkampfrede“ seines Vorredners GR Zierfuß (ÖVP). Laut Gremel sei der frühere ÖVP-Bildungsminister „untätig“ gewesen und habe es versäumt, notwendige Rahmenbedingungen für Elementarpädagog*innen zu schaffen. Der Ausbau von Kindergartenplätzen in Wien sei ein Erfolg, hier gebe es auch im Bundesländervergleich auch die wenigsten Schließtage und die längsten Öffnungszeiten. Die Anliegen von Mehrkind-Eltern könne Gremel verstehen, die bestehende Lösung sei „nicht gut“. Um das zu verbessern, brauche es den nötigen Spielraum. Im Bund sei das zweite verpflichtende Kindergartenjahr fixiert, das ist für Gremel ein guter Schritt.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) widmete ihre Rede den Ganztagsplätzen. Berufstätige Eltern würden bei der Vergabe bevorzugt, „es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Man sei aber bestrebt, allen das gewünschte Betreuungsmodell zur Verfügung zu stellen. Auch habe man das Ziel, jedes Kind ungeachtet der Herkunft mit gut ausgebildetem Personal sprachlich zu fördern. Kindergärten, so Bakos, seien auch der Ort, wo „Gemeinschaft entsteht“. Das müsse für alle Kinder möglich sein, auch für Kinder mit Behinderung. Dank Integrationsgruppen und der Förderrichtlinie Inklusion für private Träger*innen ermögliche die Stadt genau das, wie Bakos ausführte.

GR Harald Zierfuß (ÖVP) meldete sich erneut zu Wort, um GR Gremel (SPÖ) ironisch zu gratulieren – er habe es mit seiner Wortmeldung geschafft, alle Parteien von FPÖ bis GRÜNE zum Kopfschütteln zu bringen. Gremels Aussage, es fehle an Personal, sei widersinnig, da die Kindergartengruppen ja geöffnet seien und es kein Faktor sei, ob zwei Kinder weiterhin in die Gruppe gehen oder nicht. Die Stadtregierung könne das heute noch umsetzen, allein es fehle am Willen, sagte Zierfuß. Um den Anteil von derzeit nur 25 Prozent an Bafep-Absolvent*innen, die in den Beruf einsteigen würden, zu erhöhen, seien notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen. Diese seien aber nicht Sache des Bundes, sondern der Wiener Stadtregierung. Mehr als 100 Millionen Euro der Budgeterhöhung für die Wiener Kindergärten seien darüber hinaus vom Bund gekommen. Die Deutschförderung in den Kindergärten funktioniert für Zierfuß nicht. Es gebe immer mehr Kinder, die nicht Deutsch können würden und immer weniger Sprachförderkräfte, so Zierfuß. Die NEOS hätten 500 Sprachförderkräfte im Kindergarten versprochen, es gebe derzeit nicht einmal 300, sagte Zierfuß.

GR Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE) forderte, dass Ganztagsplätze in allen Kindergärten möglich sein müssten. Die Privaten würden das schaffen, die zuständige Magistratsabteilung 10 nicht. Die Deutschförderung in Wien hänge nicht am zweiten Kindergartenjahr, sondern an der Qualität der elementaren Ausbildung. Die Kinder, so Stadler, bräuchten mehr Betreuungskräfte und kleinere Gruppen. Die Änderung dieser Rahmenbedingungen würde ausschließlich im Einflussbereich der Stadt liegen. Die Situation in der Inklusion habe sich verschlechtert, urteilte Stadler. Letztes Jahr hätten 850 Kinder mit Beeinträchtigung auf einen Kindergartenplatz in Wien gewartet – heute seien es 1.055. Stadler pochte auf „echte Inklusion“ im Kindergarten.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) forderte von der ÖVP mehr Ehrlichkeit ein. Die SPÖ fordere seit Jahren eine praxisnahe Ausbildung für Pädagog*innen und sehe diesbezüglich den Bund in der Pflicht. Neumayer sagte, die Bafep21 sei eine Einrichtung der Stadt, die ausgeholfen habe, weil der Bund es nicht geschafft habe, eine solche Ausbildungsstätte zur Verfügung zu stellen. Neumayer zeigte sich hoffnungsvoll, dass mit der neuen Bundesregierung die nötigen Ressourcen für die Kindergärten bereitgestellt würden. Wien würde als einziges Bundesland flächendeckend Kinderbetreuung anbieten; die Betreuungsquote bei den Unter-Dreijährigen betrage in Wien 46 Prozent – drei Prozent über dem Bundesschnitt.

Der Förderrichtlinie wurde mehrheitlich angenommen. Zwei Anträge der ÖVP zum Erhalt des städtischen Ganztagskindergartenplatzes bei Karenzzeiten bzw. für Sofortmaßnahmen zur Deutschförderung fanden keine erforderliche Mehrheit.

FÖRDERUNGEN IM BEREICH BILDUNG UND JUGEND

GRin Silvia Janoch (ÖVP) mahnte, dass Familien vor mehr Herausforderungen stünden als je zuvor. Die „heile Welt der Kinder“ sei nur eine Illusion. Die Stadtregierung, so Janoch, ginge „leichtfertig“ mit Anträgen im Bereich Kinder- und Jugendschutz um; Familien seien Basis und Rückhalt der Zivilisation. Janoch kündigte fünf Anträge zur Verbesserung an, darunter die Forderung nach Schwimmkursen, um das Ertrinken von Kindern zu verhindern. 134.000 Kinder und Jugendliche könnten nicht schwimmen, Ertrinken sei die zweithäufigste Todesursache bei Kindern. Nur 17 Prozent würden in der Schule schwimmen lernen – obwohl das im Schulsportplan verankert sei. Immer mehr Familien würden nicht mit den Kindern schwimmen gehen. Die Forderungen nach mehr Schwimmkursen würden dennoch „ungehört verhallen“, wie Janoch kritisierte. Kindergartengruppen würden mit den Kindern zwar Eislaufen gehen, aber nicht Schwimmen – zumindest städtische Kindergärten, denn manche privaten Anbieter*innen würden das sehr wohl tun, befand Janoch. Fensterstürze sind eine ebenso tödliche Gefahr für Kinder. Auch hier forderte Janoch entsprechende Schutzmaßnahmen. In den letzten 15 Jahren hätten sich 191 Fenster- und Balkonstürze ereignet, dabei seien 160 Kinder teils schwer verletzt worden. Aufklärungskampagnen seien dringend nötig – ebenso wie Maßnahmen gegen Kinderarmut. Besuche im Tiergarten, in Museen oder auf Sportplätzen würden für viele Familien ein „Wunschtraum“ bleiben. Janoch forderte einen Kinderbildungsscheck, der bei vielen Hobby- und Freizeitbetrieben einlösbar sein soll. Janoch erinnerte an ihre Forderung nach einem Familienführerschein. Unterstützung sei seitens vieler Familien gewünscht, es scheitere laut Janoch an Zeit und Finanzen. Mit dem Familienführerschein könne man mit Onlinekursinhalten Eltern unterstützen. Das Motto laute „Unterstützung, keine Bevormundung“. Man könne das Angebot mit Zuschüssen und Förderungen attraktiver machen. Janoch mutmaßte, dass Kinder und Familien in der Politik nicht die Aufmerksamkeit bekommen würden, die sie verdient hätten. Man müsse jetzt investieren, um Kinder zu schützen.

Alle Förderungen im Bereich Bildung und Jugend wurden mehrstimmig angenommen. Die ÖVP-Anträge zu Familienführerschein, Fenstersturzprävention, einem familienpolitischen Beirat, der Förderung von Schwimmkompetenzen und der Einführung eines Kinderbildungsschecks erreichten keine Mehrheit. (Forts.) pos

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