66. Wiener Gemeinderat (7)

Förderung an den Verein Wiener Jugendzentren

GR Mag. Karim Rihan (NEOS) sagte: „An den Schulen wird Zukunft geschmiedet“. An den Bildungseinrichtungen werde nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt, sondern auch Demokratie. Daher sei es wichtig, dass Bildungseinrichtungen demokratisch gestaltet sind – im Unterricht und im Alltag. Demokratie entstehe nicht im Frontalunterricht, sondern im praktischen Mitmachen, meinte Rihan. Dazu gehörte es auch zu lernen, eine Debatte mit Menschen mit anderer Meinung zu führen „ohne sich die Köpfe einzuschlagen und mit gegenseitigem Respekt auch bei anderen Meinungen“. Er prangerte die Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft an; dagegen helfe gelebte Demokratie. Er forderte lebensnahe politische Bildung, die gesellschaftliche Fragen aufgreift. Das Projekt „Demokratieschule Wien“ das mit dieser Abstimmung von der Stadt Wien gefordert werden soll, sei ein guter Ansatz, denn Demokratie beginne eben in den Klassenzimmern, schloss Rihan.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) kündigte an, der Förderung zustimmen zu wollen. Es gelte Demokratie zu fördern, zum Beispiel an Schulen –diese müsse aber nicht nur an den Schulen vermittelt, sondern auch in der „selbsternannten Demokratiehauptstadt“ gelebt werden, meinte Hungerländer. Sie kritisierte die fehlende Mitsprache von Bürger*innen in der Stadt zum Beispiel bei Bauprojekten oder bei der Einführung des Parkpickerls. Politiker*innen müssten bei gelebter Demokratie Vorbilder sein, forderte Hungerländer.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) konterte seiner Vorrednerin: Wien sei nicht die „selbsternannte Demokratiehauptstadt“, sondern fülle diese Zuschreibung auch aus. Er sprach zum Antrag zum Thema Ausbauoffensive für digitale Angebote für Kinder und Jugendliche. Radikalisierung und Extremismus verschafften sich oft über das Handy Zugang zu Jugendlichen, warnte Neumayer. 65 Prozent der Jugendlichen würden ihre Freizeit am Handy verbringen. Deshalb werde digitale Kompetenz und das Wissen darüber, wie mit Cyber-Mobbing oder Hass im Netz umzugehen, immer wichtiger. Es gelte Kinder und Jugendliche vor „radikalfanatischen Influencern“ zu schützen, die vom Hass auf andere lebten. Kaum ein Elternteil oder eine Lehrkraft sei alleine im Stande zu überblicken, was in die Kinderzimmer über das Handy auf Kinder und Jugendliche „hereinprasselt“. Es brauche bessere Schulung für Jugendarbeiter*innen und ein engmaschiges Netz von Jugendarbeit, Schule bis hin zu Polizei gegen Extremismus, Mobbing und Hass im Netz.

Abstimmung: Die Förderung wurde mehrstimmig angenommen. Die Anträge der Opposition fanden nicht die notwendige Mehrheit. Der Antrag von SPÖ und NEOS zu Ausbauoffensive für digitale Angebote für Kinder und Jugendliche wurde mehrstimmig angenommen.

FÖRDERUNGEN IM LGBTIQ-BEREICH

GR Thomas Weber (NEOS) meinte, die Förderung für die Vienna Pride gehe mit dem Bekenntnis zu Freiheit und Vielfalt und Respekt einher und dem Recht für LGBTIQ-Personen, ohne Angst leben zu können. Die Regenbogenparade am kommenden 14 Juni sei nicht „irgendeine Party, sondern die größte politische Demonstration für Akzeptanz und gleiche Rechte“ und bringe tausende Menschen auf die Straße. Er kritisierte Ungarn und Viktor Orban für das Pride-Verbot in Budapest. Die Kriminalisierung von Pride-Demonstrationen sei ein Angriff auf Demokratie und Freiheit der mitten in Europa geschehe, warnte Weber. Er kündigte eine Resolution des Wiener Gemeinderats an, in dem der Wiener Gemeinderat das Verbot der Pride in Budapest und damit die Einschränkungen von Freiheit und Demokratie „auf das Schärfste“ verurteilt. „Was in Ungarn mit dem Pride-Verbot Gesetz ist, ist Österreich die politische Vision der FPÖ“, sagte Weber. Herbert Kickl würde Orban freimütig als Vorbild nennen, „einen Mann der Medien gleichschaltet und queere Menschen kriminalisiert“. Die FPÖ würde gegen queere Menschen hetzen; diese würden als „Abnormal oder Degeneriert“ verunglimpft. Die FPÖ würde Sündenböcke konstruieren, warnte Weber, und den abwertenden Worten würden Gewalt-Taten folgen: 60 Prozent der Menschen in der LGBTIQ-Community hätten schon Gewalt wegen ihrer Sexualität erfahren. Er erinnerte an die jüngste Razzia im rechtsextremen Milieu wegen Hate-Crimes gegen Homosexuelle. „Wer Menschen als abnormal oder degeneriert bezeichnet, der trägt Mitverantwortung dafür, wenn diese Menschen gejagt werden“, sagte Weber in Richtung FPÖ. Alle anderen lud er ein bei der Regenbogenparade mitzugehen und ein Zeichen für Freiheit, Vielfalt und Respekt zu setzen.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) begrüßte zwar die Förderung für die „Pride“, der Gemeinderat beschließe mit diesem Tagesordnungspunkt allerdings eine Basisforderung an den Verein HOSI, mit dem Geld würde nicht nur die Regenbogenparade finanziert. Deshalb könne sie der Förderung nicht zustimmen. Die Regenbogenparade habe sich in den letzten Jahren verändert; sie kritisierte die Erschließung neuer Zielgruppen wie Kinder mit Drag-Queen-Lesungen auf der Pride. Sie unterstütze Maßnahmen gegen Gewalt gegen LGBTIQ-Personen, verwehre sich aber gegen die Vermischung von Aktivismus und Beratung insbesondere beim Thema Trans- und Intergeschlechtlichkeit. Aktivismus und objektive Beratung passe nicht zusammen; sie forderte die Etablierung von sachlichen Beratungseinrichtungen – die insbesondere bei Fragen von Geschlechteridentität oder „im falschen Körper stecken“ – Jugendliche „nicht affirmativ sondern ergebnisoffen“ beraten sollten. Sie brachte dazu einen Antrag dazu ein.

GRin Mag. (FH) Susanne Haase (SPÖ) zeigte sich als queere Person entsetzt über das Pride-Verbot in Ungarn. „Wir sind wütend, weil queere Rechte in Europa offenbar nicht mehr sicher sind. Offenbar gelten für uns die Menschenrechte nicht mehr und queere Lebensweisen in Europa kommen immer öfter unter die Räder“, sagte Haase. Der Angriff auf queere Rechte sei ein Angriff auf die offene Gesellschaft. „Diese Politik der Sündenböcke kennen wir und wir wissen wohin sie führt.“ Hass gegen Homosexuelle sei nicht nur Thema im Nachbarland Ungan, auch in Österreich sei letzte Woche ein rechtsextremes Netzwerk von der Polizei ausgehoben worden, das gezielt Schwule gejagt habe und Übergriffe auf Homosexuelle verübt hatte. Die Gefahr komme von rechts, von Orban, Kickl, Putin und Trump: „Diese Menschen machen den Weg frei für Hass und Angst. Sie bereiten den Boden auf für Hate-Crimes und Angriffe auf unsere Werte“, warnte Haase. Es seien nicht Workshops zum Thema Gender oder LGBTIQ an Schulen, die unsere Gesellschaft bedrohten, sondern Parteien und Politiker*innen die Demokratie verachten würden. Sie kritisierte die ÖVP – diese stehe bei Fragen der Geschlechterpolitik zuverlässig auf der falschen Seite. Was in der Rede als Sorge um den Jugendschutz verkauft werde, sei in Wirklichkeit ein Angriff auf Trans- und nicht-binären Jugendlichen. „Niemand entscheidet sich dafür Trans zu sein, das ist nicht Mode, Lifestyle sondern Identität, eine die oft mit Schmerz und gesellschaftliche Ablehnung einhergeht“, sagte Haase. Beratung sei für diese Gruppe besonders wichtig; besonders vor dem Hintergrund der hohen Selbstmordrate bei Trans- und nicht binären Jugendlichen. „Ich möchte in einer Stadt leben, in der ich und meine Frau keine Angst haben müssen“, sagte Haase. Menschenrechte und queere Rechte seien nicht verhandelbar, was gut für queere Menschen sei, sei auch gut für alle anderen schloss die SPÖ-Gemeinderätin.

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) schloss sich der leidenschaftlich vorgetragenen Rede ihrer Vorrednerin „vollinhaltlich“ an. Auch sie verurteile das Verbot der Budapest Pride. Ein Outing sei nie „die einfache Lösung“ wie von einigen suggeriert, sondern gehe oft auch mit Anfeindungen und oftmals auch Gewalt und Ablehnung einher. Geschlechtsidentität sei komplex und beschränke sich nicht auf männlich oder weiblich; das sei auch wissenschaftlich ausreichend belegt. „Das Leben ist komplexer, als uns einige einreden wollen“, sagte Kickert. Keine der einfachen Antworten im Antrag der ÖVP und anderen Argumentarien seien tatsächlich so einfach wie präsentiert. Sie konterte einem weiteren Kritikpunkt aus dem ÖVP-Antrag: Die Unterstützung von Trans-Jugendlichen bedeute nicht automatisch, dass Mädchen zum Beispiel in einer sensiblen Zeit wie der Pubertät weniger Schutz bekommen würden; das eine schließe das andere nicht aus, sagte Kickert. Auch werde im ÖVP-Antrag Selbsthilfegruppen in Bausch und Bogen die Fähigkeit abgesprochen über ihre eigene Erfahrung zu sprechen und aus diesem Erfahrungsschatz heraus andere Betroffene zu beraten. Sobald es beim Thema Trans- oder Intergeschlechtlichkeit in Richtung medizinische oder psychiatrische Unterstützung geht, würden alle Selbsthilfegruppen zu diesem Thema auf Expert*innen aus der Medizin verweisen. Es stimme auch nicht, dass Trans-Jugendliche „affirmativ“ beraten würden – sie würden zuerst in ihrer Selbstwahrnehmung bestärkt, damit die darauf folgende psychologische und psychotherapeutische Beratung überhaupt erst angegangen werden könne, konterte Kickert. Abschließend meinte Kickert: „Das Vorlesen aus einem Kinderbuch durch eine Drag-Queen macht Kinder nicht Trans, das ist lächerlich.“

Abstimmung: Die Förderungen wurden mehrstimmig beschlossen. Die Anträge der ÖVP und FPÖ fanden nicht die notwendige Mehrheit. Der Antrag von SPÖ und NEOS zur Verurteilung des Verbots der Pride in Ungarn wurde mehrstimmig angenommen. (Forts.) ato

Rathauskorrespondenz
Stadt Wien – Kommunikation und Medien, Diensthabende*r Redakteur*in,
Service für Journalist*innen, Stadtredaktion
Telefon: 01 4000-81081
E-Mail: dr@ma53.wien.gv.at
Website: https://presse.wien.gv.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender