
FPÖ-Anzeige gegen jüdische Hochschüler: Verfahren durch Staatsanwaltschaft binnen Stunden eingestellt
FPÖ-Ball-Chef Guggenbichler missbrauchte Verhetzungs-Tatbestand für Anzeige gegen jüdische Studierende. Der Verfassungsschutz (LSE) ermittelte ohne Kenntnis der Staatsanwaltschaft.
Die Polizei und der Verfassungsschutz (LSE) hatten am 6. März 2025 im Zuge einer skandalösen Fehleinschätzung des Tatbestands der Verhetzung einen Protest der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH) gegen den FPÖ-Ball abgedreht und Ermittlungen eingeleitet, ohne die Staatsanwaltschaft zu involvieren. Die Bezeichnung des Akademiker-Balls als “Naziball” hätte laut Verfassungsschutz den Tatbestand der “Verhetzung” erfüllen sollen, obwohl dieser tatsächlich zum Schutz von Minderheiten existiert und mitnichten zum Schutz von Burschenschaftern oder ihrer “Bälle”. Aus dem Polizeiakt geht hervor, dass die Anzeige “wegen Verhetzung” von Akademikerball-Chef und FPÖ-Politiker Udo Guggenbichler eingebracht wurde.
Die Ermittlungen des Verfassungsschutzes gegen jüdische Studierende waren besonders befremdlich, da bei der Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt der ersten polizeilichen Ladung kein Verfahren bekannt war. Obwohl dies vollkommen unüblich ist, nahm der Verfassungsschutz also auf eigene Faust ein Ermittlungsverfahren auf. Zudem wurde nicht der Kungebungsanmelder und JöH-Präsident Alon Ishay als Kundgebungsleiter zur Vernehmung geladen, sondern ein Funktionär des Wiener KZ-Verbands, der als Teilnehmer auf der Kundgebung war. Auch datenschutzrechtlich ist der Fall heikel: Durch die umfassenden Identitätsfeststellungen konnten persönliche Daten jüdischer Aktivist:innen über Guggenbichlers Akteneinsichtsrecht als vermeintliches Opfer der Verhetzung in unerwünschte Hände gelangen.
Nun hat die Staatsanwaltschaft am 25. März 2025 binnen weniger Stunden nach Eingang des Antrags auf Einstellung seitens der JöH die Ermittlungen eingestellt.
Dass die Staatsanwaltschaft in Windeseile zu diesem Entschluss gekommen ist, wirft besorgniserregende Fragen über die Fehleinschätzung der Polizei-Juristen und des Verfassungsschutz auf. Offenbar haben die Behörden auf Zuruf des rechtsextremen Politikers Udo Guggenbichler ein Gesetz zum Schutz von Minderheiten gegen eine jüdische Organisation missbraucht.
Alon Ishay, Präsident der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH), fordert Aufklärung: “Der Akademikerball-Chef Guggenbichler hat schamlos versucht, den Tatbestand der “Verhetzung” gegen jüdische Studierende zu missbrauchen. Nach unserem Antrag auf Einstellung hat die Staatsanwaltschaft diese absurden Ermittlungen binnen Stunden eingestellt. Damit spitzt sich der Verdacht zu, dass der Verfassungsschutz tatsächlich auf politischen Zuruf des rechtsextremen Burschenschafters Guggenbichler agierte. Der Verfassungsschutz sollte uns vor demokratiepolitischen Gefährdern schützen, verhält sich jedoch wie die private Truppe des FPÖ-Guggenbichlers. Wir fordern eine umfassende Aufklärung dieser skandalösen Vorgänge.”
Der juristische Vertreter der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH), Mag. Bini Guttmann, hält fest: “Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren offenbar noch am selben Tag, an dem sie zum ersten Mal davon erfuhr, eingestellt. Das bestätigt, dass der Verfassungsschutz hier womöglich wissentlich rechtswidrig gegen jüdische Aktivist:innen vorgegangen ist. Offenbar wurde versucht, auf Zuruf von FPÖ-Politiker Guggenbichler politischen Druck auszuüben. Dafür wurde der Tatbestand der Verhetzung nach § 283 StGB missbraucht, das vulnerable Minderheiten vor Hassrede schützen soll, nicht politische Veranstaltungen vor kritischem Protest. Das ist nicht nur ein Skandal, sondern ein alarmierender Angriff auf demokratische Grundrechte. Wir werden jedenfalls sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um aufzuklären, wie es zu diesem Missbrauch staatlicher Macht kommen konnte und wer dafür politisch Verantwortung trägt. Unsere Demokratie darf nicht zur Spielwiese für rechte politische Interessen werden.”
Jüdische österreichische HochschülerInnen (JöH)
Telefon: +43 68120692803
E-Mail: office@joeh.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender