
Lobautunnel: Nationalrat beauftragt Regierung mit erweiterter Prüfung
Fraktionen legen in Debatte zu Dringlicher Anfrage ihre Positionen dar
Auf Verlangen der Grünen diskutierten die Abgeordneten im Nationalrat heute über den geplanten Bau des Lobautunnels in Wien. Die Grünen halten die Lobauautobahn für die schlechteste Alternative zur Lösung des Verkehrsproblems, wie sie in der Debatte zur Dringlichen Anfrage betonten. Die FPÖ hingegen sprach sich klar für den Bau des Lobautunnels aus.
Die Koalitionsfraktionen ÖVP, SPÖ und NEOS hatten unterschiedliche Ansichten. Sie forderten die Regierung und Verkehrsminister Peter Hanke aber gemeinsam mit einem Entschließungsantrag dazu auf, die noch nicht genehmigten Neubauprojekte der ASFINAG auf ihre Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Effizienz und volkswirtschaftliche Impulssetzung zu überprüfen.
Ein Entschließungsantrag der Grünen, mit dem sie die Streichung der Lobauautobahn und des Lobautunnels aus dem Bundesstraßengesetz erreichen wollten, blieb in der Minderheit.
GRÜNE: LOBAUTUNNEL IST SCHLECHTESTE ALTERNATIVE
Für Lukas Hammer (Grüne) zeigt der im Februar erschienene Umweltbericht auf über 500 Seiten, dass die Lobauautobahn keine intelligente Standort-Investition ist. Es sei eine falsche Ideologie, Verkehrsprobleme immer mit dem Bau neuer Straßen bekämpfen zu wollen. Das sei durch die Wissenschaft „hundertfach widerlegt“. Auch der Umweltbericht zeige auf, dass die Lobauautobahn die mit Abstand schlechteste Alternative sei, so Hammer. Würde man die Autobahn nicht bauen, würde man Milliarden einsparen und hätte ein besseres Ergebnis, ohne einen Nationalpark zu zerstören. Hammer brachte in diesem Sinne einen Entschließungsantrag ein, mit dem er die Streichung der Lobauautobahn und des Lobautunnels aus dem Bundesstraßengesetzes erreichen wollte. Der Antrag erhielt keine Mehrheit.
Olga Voglauer (Grüne) führte an, dass die Lobau eine Oase und Lebensgrundlage für eine große Vielfalt an Arten sei. Außerdem sei sie wichtig für die Landschaft in der Region. „Warum wollen wir dort die Bagger auffahren lassen?“, fragte sie. Auch Meri Disoski (Grüne) fand es unverständlich, im Jahr 2025 überhaupt nur in Erwägung zu ziehen, eine Autobahn durch ein Naturschutzgebiet bauen zu wollen. Für sie liegen die Fakten durch den Umweltbericht bereits auf dem Tisch. Man wisse, welche fatalen Auswirkungen das Projekt habe und kenne bessere Alternativen. Disoski zeigte sich „besonders enttäuscht“ vom Verhalten der NEOS, die bisher klar gegen den Bau des Lobautunnels gewesen seien. Ihre Fraktionskolleginnen Barbara Neßler und Nina Tomaselli (beide Grüne) legten ihre Erfahrungen mit Straßenbauprojekten in Tirol und Vorarlberg dar. Tirol sei zur Transitdrehscheibe Europas gemacht worden, so Neßler. Die Menschen vor Ort würden die Kosten in Form von Stau, Lärm- und Luftbelastung zahlen. Tomaselli fand es unverständlich, dass angesichts eines harten Sparprogramms Milliarden in ein „fossiles Tunnelprojekt“ investiert werden sollen. Der Lobautunnel sei „unökologisch und sauteuer“.
FPÖ FÜR BAU DES LOBAUTUNNELS
Gänzlich anders sahen das die Freiheitlichen. Für Christian Hafenecker (FPÖ) war die Debatte dem Wien-Wahlkampf geschuldet. Man sei sich einig, dass „natürlich Rücksicht auf die Natur“ genommen werden müsse, wenn man die Autobahn hoffentlich bald baue. Hafenecker warf Verkehrsminister Peter Hanke vor, aus Wahlkampftaktik „herumzuzaudern“ und erneut evaluieren zu wollen. Er äußerte die Vermutung, dass Hanke den Tunnel „längst über Bord geworfen“ habe, das aber nicht zugeben wolle. Auch an der ehemaligen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler übte Hafenecker scharfe Kritik. Sie habe Beschlüsse ignoriert und einen volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet, indem sie den Bau des Lobautunnels blockiert habe. Dafür müsse sie auch die Verantwortung übernehmen. Hafenecker kündigte daher eine Ministeranklage gegen Gewessler an. Diese sei auch sechs Monate nach Ausscheiden aus dem Amt noch möglich, so der Abgeordnete.
Für Ricarda Berger (FPÖ) ist der Lobautunnel ein zentrales Projekt für Verkehrsentlastung und wirtschaftliche Entwicklung, das bisher aus rein ideologischen Gründen blockiert worden sei. Der Lobautunnel müsse gebaut werden und zwar „nicht irgendwann, sondern jetzt“, forderte Berger. Maximilian Weinzierl (FPÖ) bezeichnete den Lobautunnel als „Investition in eine wachsende Stadt“. Die arbeitende Bevölkerung, die Wirtschaft und auch die Familien würden die Autobahn brauchen. Wer Straßen blockiere, produziere nicht weniger Verkehr, sondern verursache Chaos, so Weinzierl. Der Abgeordnete verstand nicht, warum der Bau des Tunnels nun erneut geprüft werden soll. Schließlich gebe es schon „unzählige Studien“ dazu. Martin Graf (FPÖ) warf den Nicht-Wiener Abgeordneten vor, sich nicht in der Stadt auszukennen. „Sie reden wie ein Blinder von der Farbe“ sagte er zu jenen Abgeordneten, die die Lobau als Naturoase bezeichneten. Denn die betroffene obere Lobau sei ein Industriegebiet, so Graf.
ÖVP: LOBAUTUNNEL WICHTIG FÜR WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG
Andreas Ottenschläger (ÖVP) fand es legitim, über ein Projekt wie den Lobautunnel zu diskutieren, „Wiener Wahlkampf hin oder her“. Die Formulierung der Dringlichen Anfrage fand er aber „befremdlich“. So sei etwa bei den Kosten der Autobahn von Steuergeld die Rede. Der Bau einer Autobahn würde aber von den Nutzer:innen durch die Vignette bzw. die LKW-Maut bezahlt. Außerdem fand er die Unterstellung von „rechtstaatlich interessanten Ansätzen“ gegenüber Verkehrsminister Hanke unfair. Schließlich habe Leonore Gewessler selbst als Ministerin in der Frage des Lobautunnels „mehr als nur die Grauzone“ betreten.
Gudrun Kugler (ÖVP) wollte von den Grünen wissen, wie diese es mit der Entlastung der Menschen, mit Mobilität, der Wirtschaft und der ökologischen Vernunft halten. Denn in der Donaustadt gebe es viele Menschen, die auf das Auto angewiesen seien und täglich im Stau stünden. Die Unternehmer:innen bräuchten eine Möglichkeit, die Donau zu überqueren. Und schließlich seien Stauabgase ökologisch problematisch, so Kugler. Der Bau des Lobautunnels müsse daher „schleunigst beginnen“. Joachim Schnabel (ÖVP) ortete eine „Wahlkampf-Show“. Aus seiner Sicht seien alle genehmigten Projekte des Bundesstraßengesetzes – so auch der Lobautunnel – umzusetzen. Das sei wichtig, damit wirtschaftliche Entwicklung stattfinden könne.
SPÖ: MINISTER BRAUCHT ZEIT FÜR EVALUIERUNG
Melanie Erasim (SPÖ) sah in der Debatte um den Lobautunnel keinen ehrlichen Austausch, sondern einen Wien-Wahlkampf-Auftakt seitens der Grünen. Aus ihrer Sicht brauche es zukunftsfitte Lösungen, die Umwelt, Bevölkerung und Wirtschaft in gleichem Maße berücksichtigen. Der stark wachsende Osten des Landes dürfe in der Infrastrukturplanung nicht vergessen werden. Erasim plädierte dafür, Minister Hanke ein paar Wochen Einarbeitungszeit zu gewähren. Sie brachte in diesem Zusammenhang auch einen Entschließungsantrag ein, mit dem ÖVP, SPÖ und NEOS die Regierung zu einer erweiterten Prüfung von ASFINAG-Neubauprojekten auffordern. Konkret sollen die noch nicht genehmigten Neubauprojekte der ASFINAG auf ihre Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Effizienz und volkswirtschaftliche Impulssetzung geprüft werden. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen.
Auch Wolfgang Moitzi rief dazu auf, dem neuen Verkehrsminister Zeit für eine unabhängige, sachliche Überprüfung des Projekts zu geben. Schließlich habe auch Leonore Gewessler als Ministerin den Bau „jahrelang evaluiert“. Moitzi verwies in puncto Klimaschutz auf Vorhaben im Regierungsprogramm wie die Klimaneutralität 2040 und ein Klimaschutzgesetz. Julia Herr (SPÖ) führte Bereiche an, in denen Wien weit vorne sei, etwa den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, den niedrigen CO2-Ausstoß pro Kopf und den geringen Bodenverbrauch der Stadt.
NEOS KEINE „FANS“ VOM LOBAUTUNNEL
Die NEOS hätten kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie „keine großen Fans“ vom Lobautunnel seien, sagte Michael Bernhard (NEOS). Dennoch müsse man die Probleme in der Mobilität und im Transitverkehr anerkennen. Aus ökologischer und Verkehrssicht sei der Lobautunnel eine ineffiziente Lösung, wie der Umweltbericht zeige. Es habe sich damals um einen Klimacheck gehandelt. Nun wolle man auch Fragestellungen der Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Effizienz und volkswirtschaftlichen Impulssetzung in die Prüfung einbeziehen, sagte Bernhard mit Blick auf den Entschließungsantrag. Auch wenn er der Überzeugung sei, dass ein Tunnel nicht die richtige Lösung sei, brauche es dennoch eine abschließende Entscheidung und damit Klarheit für Bevölkerung und Wirtschaft.
Dominik Oberhofer (NEOS) meinte, er kenne sich als Tiroler in der Wiener Verkehrspolitik nicht so gut aus wie Minister Hanke. Er habe aber „noch niemanden gefunden, der ein Fan vom Lobautunnel ist“. Am Ende des Tages gehe es darum, Probleme in den Griff zu bekommen und evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen. Daher wolle man den Tunnel noch einmal detailliert überprüfen. Anhand einer Studie wolle man dann aber rasch Entscheidungen treffen. (Fortsetzung Nationalrat) kar
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