Nationalrat beschließt Anpassung des Budgetprovisoriums an die neue Ressortverteilung

Budgetdefizit-Debatte: Mangelnde Zuversicht und Teufelskreis durch weiteres Sparen

Bereits in der letzten Nationalratssitzung haben die Abgeordneten ein gesetzliches Budgetprovisorium für das Jahr 2025 beschlossen, um der Regierung mehr Spielraum bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben bis zum Beschluss eines endgültigen Budgets einzuräumen. Dabei wurde die neue Ressortverteilung allerdings noch nicht berücksichtigt. Damit werden beispielsweise dem neuen Ressort für Frauen, Wissenschaft und Forschung die erforderlichen Budgetmittel zur Verfügung gestellt. Auch werden etwa das Umweltbudget dem Landwirtschaftsministerium oder das Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik dem Sozialministerium zugeordnet.

NEUE RESSORTVERTEILUNG WIRD AB 1. APRIL AUCH AUF BUDGETRECHTLICHER EBENE UMGESETZT

Die Angelobung der neuen Regierung Anfang März brachte Änderungen bei den Ressorts mit sich, was in einer kürzlich beschlossenen Novelle des Bundesministeriengesetzes bereits abgebildet wurde. Mit dem heute im Nationalrat im Zuge der Zweiten Lesung eingebrachten Abänderungsantrag von ÖVP, SPÖ und NEOS sollen nunmehr auch das Gesetzliche Budgetprovisorium 2025 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2024 bis 2027 im Hinblick auf diese Kompetenzverschiebungen angepasst werden. Die Bestimmungen, die ab 1. April 2025 in Kraft treten sollen, betreffen insbesondere Änderungen in der Budgetstruktur, Bezeichnungsänderungen, Umschichtungen von Detailbudget-Mitteln sowie Anpassungen im Personalplan.

Entsprechend den geänderten Zuständigkeiten wird laut Analyse des Parlamentarischen Budgetdienstes eine insgesamt saldenneutrale Umschichtung bei den Auszahlungen in der Höhe von 1,01 Mrd. Ꞓ und bei den Einzahlungen im Umfang von 835 Mio. Ꞓ für den Zeitraum April bis Dezember 2025 vorgenommen. Gleich bleibt die Anzahl der Planstellen, sie beträgt weiterhin 145.142 Stellen. Im Bundesfinanzrahmengesetz wiederum werden auf Basis der neuen Zuständigkeiten die Auszahlungsobergrenzen adaptiert; die Gesamtsumme bleibt aber unverändert. Da die Umschichtungen auch zu Strukturbrüchen führen, werden Vergleiche mit Vorjahreswerten erschwert, gibt der Budgetdienst grundsätzlich zu bedenken.

Die Novellierungen der beiden Finanzmaterien wurden in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrags mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS beschlossen. Der von den Freiheitlichen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Mietpreisbremse wie versprochen umsetzen“ fand nicht die erforderliche Mehrheit im Nationalrat.

GRÜNE KRITISIEREN NEUE RESSORTVERTEILUNG

Alma Zadić (Grüne) übte Kritik an der neuen Ressortverteilung. Die Regierungsbank sei so breit aufgestellt worden, dass es zusätzlicher Stühle im Parlament bedürfe, hielt sie fest. Existierende Zuständigkeiten seien auseinandergerissen worden, lenkte sie den Blick auf Energie, Umwelt und Klimaschutz sowie Mobilität.

FINANZMINISTER MARTERBAUER: HAUPTPROBLEM IST MANGELNDE ZUVERSICHT

Durch das Budgetprovisorium würden Staatsausgaben ermöglicht, bis das Doppelbudget 2025/2026 beschlossen werde, hielt Finanzminister Markus Marterbauer fest. Aktuell werde intensiv am Doppelbudget gearbeitet. Neben Budgetsanierungsmaßnahmen werde dieses auch über Offensivmaßnahmen enthalten, die gegenfinanziert sind, unterstrich er. Marterbauer warnte erneut vor dem „Teufelskreis“, den weiteres Sparen auslösen könnte. Sollte das drohende EU-Defizitverfahren eintreten, erwarte er keine negativen Auswirkungen auf Zinssätze, solange ein überzeugender Sparplan vorgelegt wird. Weiterhin würden alle Maßnahmen in Wien beschlossen, es würde lediglich regelmäßigen Austausch mit Brüssel bedeuten, so Marterbauer. Als Hauptproblem nannte der Finanzminister die mangelnde Zuversicht der Bevölkerung.

FPÖ HÄLT BUNDESREGIERUNG VOR, DROHENDES EU-DEFIZITVERFAHREN ZU VERHARMLOSEN

Hubert Fuchs (FPÖ) erinnerte an das im Regierungsprogramm definierte Ziel, ein EU-Defizitverfahren zu verhindern. In diesem Sinne sprach er sich dafür aus, weiter an der Budgetsanierung zu arbeiten. Es sei im Jänner absehbar gewesen, dass sich die Wirtschaft nicht verbessern werde und daher weiterer Sanierungsbedarf bestehe, unterstrich Fuchs. Der Bundesregierung hielt er vor, ein mögliches EU-Defizitverfahren zu verharmlosen. Fuchs sprach sich gegen eine „Besachwaltung durch Brüssel“ aus.

Michael Oberlechner (FPÖ) setzte sich mittels Entschließungsantrag für eine Reparatur der mit dem 4. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz umgesetzten Mietpreisbremse. Oberlechner fordert darin, das Aussetzen der Richtwerterhöhung einheitlich zu behandeln. Denn die beschlossene Mietpreisbremse friere die Mieten auf einem historisch hohen Niveau ein, betonte er. Zudem würden freie Mieten nicht entlastet. Dem hielt Julia Herr (SPÖ) entgegen, dass durch den Mietpreisdeckel die Mieten um null Euro steigen.

Kritik am Umgang mit den Oppositionsparteien übte Maximilian Linder (FPÖ). Der Abänderungsantrag sei so spät vorgelegt worden, dass keine Chance bestehe, sich einzulesen.

SPÖ: BREITES MASSNAHMENPAKET ZUR SANIERUNG DES BUDGETS NOTWENDIG

Aufgrund der geänderten Ministeriumszuständigkeite, sei nun die Budgetänderung erforderlich, legte Kai Jan Krainer (SPÖ) dar. Den Abänderungen könne problemlos zugestimmt werden, da weder mehr noch weniger Geld zur Verfügung gestellt wird.

Krainer warnte davor, sich weiter „in die Krise zu sparen“. Vielmehr sei es Aufgabe der Bundesregierung, das Budget zu sanieren, die Wirtschaft anzukurbeln und Spielräume zu schaffen, um das Bildungs- und das Gesundheitssystem „fitter“ zu machen.

Barbara Teiber (SPÖ) zeigte sich besonders erfreut darüber, dass die Arbeitsagenden nun wieder dort angesiedelt seien, wo sie auch hingehören, nämlich im Sozialministerium. Zudem würde das Ressort von einer sehr kompetenten Ministerin geführt, die genau wisse, wo der Schuh drücke. Als aktuelles Beispiel führte Teiber die Kündigungen bei der Firma Lieferando an. Es sei daher gut, dass im Regierungsprogramm vereinbart wurde, den Anwendungsbereich von Kollektivverträgen auch auf arbeitnehmerähnliche Personen auszudehnen. Positiv wertete Teiber auch die zusätzlichen Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten seien Investitionen in diesen Bereich immens wichtig.

Peter Manfred Harrer (SPÖ) war der Meinung, dass die Budgetkonsolidierung nur gemeinsam gelingen könne und daher auch die Big Player – wie Banken, Energieversorger oder Glücksspielkonzerne – einen Beitrag leisten müssten. Mit einem breiten Maßnahmenpaket soll es gelingen, das Defizit in den nächsten Jahren wieder unter 3 % des BIP zu bringen. Positive Effekte erwarte er sich unter anderem durch die Verabschiedung des 500 Mrd. Ꞓ umfassenden Investitionspakets in Deutschland, zumal es Österreichs größter Wirtschafts- und Handelspartner sei. Sein Fraktionskollege Wolfgang Kocevar befasste sich insbesondere mit der Lage der Städte und Gemeinden, die nun schon seit Jahren mit sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben konfrontiert seien.

ÖVP: NACHHALTIG SPAREN UND MIT ZUVERSICHT IN DIE ZUKUNFT

Der Konsolidierungsbedarf sei seit Monaten bekannt gewesen, hielt auch Andreas Hanger (ÖVP) fest. Dieser bestehe, da Österreich sich im dritten Jahr in einer Rezession befinde. Daher gelte es nicht nur zu konsolidieren, sondern auch Wachstumsimpulse zu setzen. „Wir brauchen Zuversicht und Optimismus“, verwies Hanger auch auf die steigende Sparquote in Österreich.

Auch wenn die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht einfach seien, brauche es dennoch mehr Zuversicht, war ÖVP-Abgeordneter Gabriel Obernosterer überzeugt. Österreich habe wohl in den letzten Jahren zu viel ausgegeben, aber die Mittel seien auch für sinnvolle Maßnahmen eingesetzt worden. Nun gelte es, aufgrund der wirtschaftlichen Talsohle nachhaltig zu sparen und gleichzeitig die heimischen Betriebe zu unterstützen, erklärte Klaus Lindinger (ÖVP). Nur dann könne es gelingen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln.

NEOS FORDERN BUDGETZAHLEN AUS BUNDESLÄNDERN

In der Vergangenheit wurde viel zu viel Geld ausgegeben, sagte Karin Doppelbauer (NEOS), und auch nicht immer zielgerichtet. Die Bundesregierung habe neben den Sparmaßnahmen auch große Reformen geplant, verwies sie auf das Förderwesen und die Anhebung des faktischen Pensionsalters. Doppelbauer forderte, nicht auf Kosten unserer Kinder zu leben und zog beim Sparen auch Länder, Gemeinden und die Sozialversicherung in Verantwortung. Nicht nachvollziehbar war für Doppelbauer, dass dem Parlament keine aktuellen Budgetzahlen zu den Bundesländern vorliegen. (Fortsetzung Nationalrat) gla/sue

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.

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