Parlamentarische Bundesheerkommission: Grundwehrdiener müssen als Kunden der Zukunft verstanden werden

Personalengpässe laut Jahresbericht 2024 weiterhin zentrales Problem

Insgesamt 195 Beschwerdeverfahren hat die Parlamentarische Bundesheerkommission (PBHK) im Jahr 2024 eingeleitet. Das geht aus ihrem Jahresbericht 2024 hervor, den sie heute im Rahmen eines Pressegesprächs im Parlament präsentierte. Die Beschwerdegründe bezogen sich im Wesentlichen auf Personalangelegenheiten sowie auf den Ausbildungs- und Dienstbetrieb.

Das PBHK-Präsidium, bestehend aus dem amtsführenden Vorsitzenden Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) sowie den Vorsitzenden Friedrich Ofenauer (ÖVP) und Robert Laimer (SPÖ), ging auf zentrale Punkte des Berichts ein und erläuterte die Ableitungen aus den eingelangten Beschwerden. Die Personalengpässe – insbesondere bei der Miliz – stellten laut ihnen weiterhin die größte Herausforderung für das Bundesheer dar. Um Engpässen entgegenzuwirken, sei insbesondere bei den Grundwehrdienern anzusetzen. Die Rekruten müssten als „Kunden der Zukunft“ betrachtet werden, waren sich die drei Vorsitzenden einig.

BÖSCH: SYSTEM VERSAGT BEI PERSONALGEWINNUNG

Die Auswirkungen der verschiedenen weltweiten Krisen und Konflikte auf das globale Sicherheitsgefüge stellten die europäische und österreichische Verteidigungspolitik vor große Herausforderungen, stellte der amtsführende Vorsitzende der PBHK Reinhard Eugen Bösch einleitend fest. Er nannte Cyberattacken, Sabotage, Desinformationskampagnen und andere Destabilisierungsversuche, die nicht nur europaweit dazu geführt hätten, wieder ein verstärktes Augenmerk auf den Fähigkeitsaufbau der Streitkräfte zu legen.

In Österreich stellten Personalengpässe dahingehend die zentrale Herausforderung dar, so Bösch. Er sprach speziell die Milizverbände an, bei denen es gelänge, den Personalbedarf bei den Offizieren lediglich zu 58 % und bei den Unteroffizieren zu 37 % zu füllen. Um diesen Personalmangen entgegenzuwirken, seien bereits Maßnahmen, wie etwa eine Anerkennungsprämie, gesetzt worden. Es benötige jedoch weitere Vorstöße, da auch bei jenen, die an sich gewillt wären, sich zur Miliz zu melden, „das System versagt“, sagte Bösch. Grundwehrdiener müssten als „Kunden der Zukunft“ betrachtet werden. Demensprechend seien auch der Umgang mit ihnen, das Arbeitsklima und ihre Unterkünfte zu gestalten. Die PBHK leiste einen Beitrag zur Verbesserung dieser Faktoren, indem sie gemeinsam mit dem Verteidigungsressort und dem Bundesheer Sachverhalte aufklärt und zur Beseitigung von Mängeln beiträgt, erklärte Bösch.

OFENAUER: GRUNDWEHRDIENER BERGEN UNSCHÄTZBARES POTENZIAL

Auch Friedrich Ofenauer setzte bei den 15.000 bis 16.000 jährlich einrückenden Grundwehrdienern an, die für die Personalgewinnung ein „unschätzbares Potenzial“ bergen würden. Es sei klar, dass die Rekruten eine harte Ausbildung zu absolvieren hätten. Diese dürfe jedoch keinesfalls mit Beschimpfungen oder Erniedrigungen einher gehen, wie sie der PBHK gemeldet würden. Da das Bundesheer bei der Personalgewinnung in Konkurrenz zur Privatwirtschaft stehe, sprach auch Ofenauer sich dafür aus, die Grundwehrdiner als Kunden zu sehen.

Er ging außerdem auf die Prüfverfahren ein, die sich unter anderem mit Fällen von sexueller Belästigung und Extremismus im Bundesheer befassten. Bei letzterem sei besonders auf Sensibilisierung und Förderung der Medienkompetenz zu setzen. Ein weiteres Prüfverfahren wurde zum Bereich der häuslichen Pflege für Grundwehrdiener durchgeführt, wie Ofenauer berichtete. Wenn diese erkranken, entscheiden Ärzt:innen des Bundesheeres, ob diese in häusliche Pflege entlassen werden oder in eine heereseigene Sanitätseinrichtung kommen. Aus Sorge darüber, in ein Heeresspital eingeliefert zu werden, würden manche Rekruten auch krank ihren Dienst antreten und so möglicherweise die restliche Truppe anstecken. Die PBHK spreche sich daher für eine „Aufweichung“ der Genehmigungspraxis für die häusliche Pflege aus, so Ofenauer.

LAIMER ÜBER DEN ANSTIEG VON PSYCHOLOGISCHEN DIAGNOSEN BEI DER STELLUNG

Robert Laimer ging auf die psychologische Beurteilung von Grundwehrdienern bei der Stellung ein. Dabei sei ein Anstieg von Diagnosen insbesondere in Zusammenhang mit Depressionen und Angststörungen zu verzeichnen. Dies sei laut Laimer der COVID-Pandemie geschuldet. Der Grad an Tauglichkeit nehme auch aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen ab, wie Adipositas oder ein mangelndes Hörvermögen. Die Tauglichkeitsrate insgesamt sei trotz dieser Faktoren jedoch seit Jahren konstant, erklärte Laimer.

250 Frauen nutzten den freiwilligen Grundwehrdienst, wovon mittlerweile 150 in den Dienststand versetzt worden seien – laut Laimer eine „durchaus beachtliche Quote“. Der Frauenanteil beim Bundesheer sei 2024 um einen Prozentpunkt auf 6 % gestiegen. Weiters berichtete Laimer von internationalen Kooperationen der PBHK, insbesondere im Rahmen der Internationalen Konferenz der Ombudsinstitutionen der Streitkräfte (ICOAF). (Schluss) wit

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