39. Wiener Wiener Landtag (2)

Fragestunde

Die fünfte Anfrage stellte LAbg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM (ÖVP) an Demokratie-Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Wölbitsch fragte nach einem Gesetzesentwurf zu Bezirksbefragungen und verbindlichen Bezirksabstimmungen. Czernohorszky erläuterte, in der Stadtverfassung seien die Volksabstimmung, die Volksbefragung und das Volksbegehren als direkte demokratische Elemente verankert. In der Praxis habe die Volksabstimmung auf Wiener Ebene keine Relevanz, eine Volksbefragung hingegen schon, da dort die Hürde zur deren Einleitung wesentlich niedriger liege als bei einer Volksabstimmung. „Sehr intensiv genutzt“ würde derzeit die Möglichkeit der Einbringung von Petitionen, Bürgerversammlungen und Bezirkssprechstunden. Für die Einleitung einer Petition seien beispielsweise 500 Unterstützungserklärungen notwendig, also eine relativ niedrige Hürde. Seit der Novelle des Petitionsgesetzes etwa mit öffentlichen Sitzungen, die per Video nachgesehen werden können, werde dieses Instrument der direkten Demokratie noch intensiver genutzt, sagte Czernohorszky. Auch Bürger*innenversammlungen und Bezirkssprechstunden würden einen starken Zuspruch in den Bezirken bekommen. Czernohorszky nannte weitere Beteiligungsmöglichkeiten: Die partizipative Stadtentwicklung, das Klimateam, die Kinder- und Jugendparlamente oder die Lokale Agenda 21. „Diese effektiven Möglichkeiten der Mitbestimmung wurden in dieser Wahlperiode stark ausgebaut“, blickte Czernohorszky zurück. Für die in der Frage angesprochenen verbindlichen Bezirksabstimmungen müsste aber das politische System umgestaltet werden, da solche Entscheidungen dann auch auf die übergeordnete Ebene der Stadt eingebunden werden müssten. Das würde tiefergreifende legistische Veränderung der Elemente der direkten Demokratie in der Stadtverfassung benötigen, etwa was das Verhältnis zwischen den Bezirken und der Stadt betreffe. Eine entscheidende Rolle für die Stärkung der direkten Mitbestimmung spiele das im Vorjahr gegründete Büro der Mitwirkung, das mit dem Ziel geschaffen wurde, als Drehscheibe eine stärkere Beteiligung zu ergänzen und zu fördern. Aktuell werde die Demokratiestrategie werde mit breiter Beteiligung erarbeitet, kündigte Czernohorszky an.

AKTUELLE STUNDE

Im Anschluss an die Fragestunde wurde die Aktuelle Stunde debattiert. Das Thema hatte der FPÖ-Rathausklub eingebracht. Es lautete: „Fleißige Wiener werden zur Kasse gebeten – Grundversorgung und Mindestsicherung für illegale Migranten auf dem Rücken unserer Bürger!“

LAbg. Wolfgang Seidl (FPÖ) zog beim Thema Mindestsicherung einen Vergleich zwischen 2011 und heute. „Damals wie heute hat es knapp 140.000 Mindestsicherungsbezieher gegeben, doch damals waren davon 29 Prozent Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, heute sind es fast 70 Prozent“, sagte Seidl. Damals seien 350 Millionen Euro aufgewendet worden, heute 1,2 Milliarden Euro. Bei der Umsetzung des österreichischen Sozialhilfegesetzes solle sich Wien ein Vorbild an Oberösterreich nehmen, verlangte Seidl. Dort würden nur 50 Millionen Euro für die Mindestsicherung ausgegeben, es wären also eine fast 1,2 Milliarden Euro wieder verfügbar, rechnete Seidl vor. Ein weiteres Problem für Seidl: „Das Vermögen von österreichischen Beziehern wird genau überprüft, bei Ausländer reicht alleine deren Aussage über die Vermögenssituation.“ 44 Prozent der Schutzberechtigen in Wien hätten laut Bundesregelung keinen Anspruch auf Mindestsicherung, die Stadt zahle dennoch aus, beklagte Seidl. „Ob diese Situation fair ist, das müssen die Wähler am 27. April entscheiden“, meinte Seidl abschließend.

LAbg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) erinnerte daran, dass das Sozialhilfe Grundsatzgesetz von Türkis-Blau geschaffen wurde und damit erst der nun vorhandende „Fleckerlteppich“ an unterschiedlichen Unterstützungsleistungen in Österreich geschaffen wurde. Diese Unterschiede seien weder sachgerecht noch fair. Konrad betonte, dass seine Partei immer ein einheitliches Modell für ganz Österreich gefordert habe, bei gleichzeitiger Erhöhung der Erwerbsanreize. Die derzeitige Situation werde von der neuen Bundesregierung nun mit einem System repariert, kündigte Konrad an. Die Familienbeihilfe soll dabei auf die Sozialhilfe angerechnet werden, gleichzeigt soll die Unterstützung etwa mit dem Familienzuschlag für Kinder ausgebaut werden. „Wir finden echte Lösungen, während Sie beim Poltern bleiben und nur Arbeitsverweigerung betreiben“, sagte Konrad in Richtung der FPÖ-Fraktion.

LAbg. Georg Prack, BA (GRÜNE) sagte, 52.000 Kinder hätten im vergangenen Monat die Wiener Mindestsicherung bezogen – „das sind immerhin 37 Prozent aller Bezieherinnen“. Um Kinderarmut zu beenden, brauche es Unterstützungsleistungen, etwa in Form einer Kindergrundsicherung. Stattdessen würde im Bund „der Zuständigkeitsstreit zwischen den Ministerien beginnen“. Konkret sei die Bundesregierung hingegen bei den Kürzungen im Kinderbereich. Mit der Anrechnung der Familienbeihilfe würde beispielsweise der Familienzuschlag wieder verloren gehen. „Bleiben Sie am Boden der Kinderrechte und setzen Sie die Kindergrundsicherung um, und verhindern Sie damit Kinderarmut“, appellierte Prack in Richtung Bundesregierung. In Wien seien Personen mit Betreuungspflichten für Kinder bis zu deren dritten Lebensjahr von der Verpflichtung zur Erwerbsintegration ausgenommen. Damit gebe es aber auch keinen Kindergartenplatz, „was ein Integrationshindernis erster Güte ist“, sagte Prack. Das sei ebenfalls für den Spracherwerb hinderlich. Bei beharrlicher Verweigerung der Erwerbsintegration werde seit kurzer Zeit die Leistung eingestellt, und zwar inklusive der Krankenversicherung und der Leistungen für im Haushalt lebende Kinder – „das ist skandalös“, sagte Prack in Richtung Stadtregierung.

LAbg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) zeigte sich über die zunehmende soziale Spaltung der Gesellschaft besorgt, die nur rechtsradikalen Parteien nutze. In Wien gebe es rund 900.000 Erwerbstätige, die für knapp 80.000 Personen aus Drittstaaten pro Monat 5.000 Euro zahlen würden. Gorlitzer beklagte, dass Wien seit 2019 die Umsetzung des Sozialhilfe Grundsatzgesetz verweigere. In Wien würden nur etwas mehr als 20 Prozent der Bevölkerung Österreichs leben, gleichzeitig würden 73,2 Prozent der Gesamtausgaben aller Bundesländer für die Sozialhilfe in Wien ausgegeben. Gorlitzer beklagte sich auch über 3.000 Menschen in Wien, die Mindestsicherung beziehen würden, die verpflichtende Deutsch- und Wertekurse verweigern würden, „aber trotzdem weiter unser Steuergeld kassieren“. Im Gegensatz zur FPÖ – „die keinerlei Lösungen für Probleme anbietet“ – solle mit der Umsetzung des Sozialhilfe Grundsatzgesetzes Wien „lebenswert mit von uns geschaffenen Rahmenbedingungen bleiben“.

LAbg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ) bezeichnete den Titel der Aktuellen Stunde als „falsch, denn illegale Migrantinnen und Migranten beziehen keine Sozialleistungen in Wien“. Florianschütz bekannte sich dazu, dass Armut offensiv mit Sozialtransfers bekämpft werde. Die Mindestsicherung würde im Österreich-Schnitt 802 Euro pro Bedarfsgemeinschaft und Werber*in, in Wien seien es im Vergleich 805 Euro. Für ihn stehe fest, dass Wien die Bundesländerquote bei der Versorgung von zu Recht geflüchteten Menschen mit 208 Prozent mehr als übererfülle. Jeder Versuch der Einschränkung der Mindestsicherung für Menschen, die „hart arbeiten, aber trotzdem aufstocken müssen, weise ich entschieden zurück“, sagte Florianschütz.

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) meinte im Gegensatz zu seinem direkten Vorredner, es sei sehr wohl der Fall, dass Menschen in Wien, die keinen Asylbescheid, keinen subsidiären Schutz oder ein humanitäres Bleiberecht bekommen haben und ausreisepflichtig seien, Mindestsicherung beziehen würden. „So werden pro Jahr 700 Millionen Euro an Nicht-Staatsbürger ausbezahlt, aber diese Menschen, die sich nicht integrieren wollen, haben so eine Unterstützung nicht verdient“, meinte Nepp und verlangte, dass dieses Geld umgeschichtet werden solle. Mit 700 Millionen Euro könnte man etwa einen Bonus für Wiener Pensionistinnen und Pensionisten in der Höhe von 2.000 Euro pro Jahr auszahlen. Oder pro Monat den 12.300 Wiener Pflegekräften 1.000 Euro zusätzlich Gehalt auszahlen, rechnete Nepp vor. (Forts.) nic

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