Franz-Grabner-Preis 2025 bei der Diagonale verliehen

Von ORF und AAFP gestiftete Auszeichnung an Kinodoku „Mâine Mă Duc – Tomorrow I Leave“ und Webformat „Reclaim“

Heute, am Samstag, dem 29. März 2025, wurde bei der Diagonale in Graz im Rahmen eines Festaktes bereits zum achten Mal der Franz-Grabner-Preis verliehen. Mit der im Andenken an den 2015 verstorbenen ORF-Journalisten und langjährigen Leiter der ORF-TV-Kulturdoku vergebenen Auszeichnung – initiiert von Familie Grabner, AAFP, Film Austria, ORF und Diagonale – wird österreichisches Dokumentarfilmschaffen zu Themen aus Kultur, Gesellschaft, Politik oder Geschichte, das sich kritisch mit gesellschaftlich relevanten Sujets befasst, unterstützt. Der Franz-Grabner-Preis in der Kategorie Kinodokumentarfilm ging an Maria Lisa Pichler und Lukas Schöffel für die Produktion „Mâine Mă Duc – Tomorrow I Leave“ zum Thema Arbeitsmigration, in der die rumänische 24-Stunden-Pflegerin Maria sowie ihre Familie im Mittelpunkt stehen. Ausgezeichnet in der Kategorie Fernsehdokumentarfilm/TV-Serie/Webformat wurde Lisa-Marie Gotsche für ihre Web-Doku „Reclaim – Der Kampf um die Demokratie auf TikTok“, die den Erfolg rechtspopulistischer und rechtsextremer Accounts auf der Social-Media-Plattform beleuchtet. Der von AAFP und ORF gestiftete Preis ist mit jeweils 5.000 Euro dotiert und für die Entwicklung des Folgeprojekts der Preisträger:innen vorgesehen. Die Festrede anlässlich der Verleihung, die von Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, Fernsehfonds Austria, Filmcommission Graz und dok.at unterstützt wurde, hielt Schriftstellerin Esther Kinsky.

ORF-TV-Kulturdoku-Leiterin Sharon Nuni: „Wendung und Öffnung zu neueren Formaten“

„Vor zehn Jahren starb unser Kollege Franz Grabner, der mit seiner Integrität und Menschenliebe wegweisend für viele war. Wir versuchen sowohl in der Doku-Redaktion als auch mit dem nach ihm benannten Preis seinen Weg und sein professionelles Vermächtnis weiterzuführen. Sein humanistisches Engagement und seine soziale Verantwortung gehören zu den Richtlinien der Auszeichnung. Die jährlich wechselnde Jury bringt immer frischen Wind in unser Board und auf unsere Sicht der Doku-Landschaft. In diesem Jahr sind die nominierten Filme sehr unterschiedlich, und zum ersten Mal erhält eine Web-Doku den begehrten Preis in der Kategorie TV & Web. Auch wenn heuer keine ORF-Produktion zum Zug gekommen ist, freue ich mich über die Wendung und Öffnung zu neueren Formaten, die die TV-Landschaft und unsere Arbeit mitprägen werden. Herzlichen Glückwunsch den Preisträgerinnen und dem Preisträger“, gratuliert Sharon Nuni, Ressortleiterin der ORF-TV-Kulturdokumentationen und in dieser Position Nachfolgerin Franz Grabners.

Diagonale-Intendanten Slanar und Kamalzadeh: „Künstlerische Qualität als auch kritisches, reflektiertes Denken“

„Es freut uns sehr, dass der Franz-Grabner-Preis zum bereits achten Mal im Rahmen der Diagonale verliehen werden kann. Der Namensgeber steht für hochwertigen Journalismus und einen politisch unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ziel des Preises ist es, die Bedeutung des österreichischen Dokumentarfilms im Kino und Fernsehen zu stärken – und dabei sowohl künstlerische Qualität als auch kritisches, reflektiertes Denken zu würdigen“, betonen die Diagonale-Intendanten Claudia Slanar und Dominik Kamalzadeh.

Auszüge aus den Jurybegründungen 2025

Die aus Solmaz Khorsand (Journalistin und Autorin, AT), Catherine Le Goff (ARTE, FR) und Claudia Müller (Regisseurin, DE) bestehende Fachjury begründete ihre Entscheidungen u. a. folgendermaßen:

„Mâine Mă Duc – Tomorrow I Leave“ von Maria Lisa Pichler und Lukas Schöffel – Bester Kinodokumentarfilm – „öffnet uns die Augen für das, was ‚arm‘ und ‚reich‘ bedeutet und nimmt uns mit auf eine Reise in ein wirtschaftlich armes Land und mitten in eine Familie, die uns vor allem darum ans Herz wächst, weil es dem Regieduo Maria Lisa Pichler, die auch für den Schnitt verantwortlich ist, und Lukas Schöffel, der die Kamera geführt hat, gelungen ist, eine unaufdringliche Nähe herzustellen. Der Film verzichtet auf Sentimentalität, er führt uns keine Fakten vor und will nicht belehren. Dass Maria eine von vielen und ihr Leben kein Einzelschicksal ist, wissen wir auch so. Hervorgehoben werden soll hier auch der wachsam und sensibel eingefangene Ton von Johannes Schmelzer-Ziringer, der mit dafür verantwortlich ist, dass dieser Film eine besondere Intimität zu seinen Protagonist*innen vermittelt und uns in ihre Welt eintauchen lässt. Nicht nur visuell, sondern auch akustisch“, so die Franz-Grabner-Preis-Jury in ihrer Begründung. Und: „Es zählt zu den großen Leistungen und vielleicht auch Aufgaben der Kunst, die Unsichtbargemachten einer Gesellschaft sichtbar zu machen. Sie unbeirrt in all ihrer Komplexität in den Mittelpunkt zu rücken, ohne sie dabei in Relation zu jenen zu setzen, die sie höchstens als Statisten des eigenen Lebens wahrnehmen. Im Preisträgerfilm lernen wir so eine vermeintliche Statistin kennen, der wir im wahren Leben keine eigene Geschichte gönnen.“

Zu der in der Kategorie Fernsehdokumentarfilm/TV-Serie/Webformat preisgekrönten Web-Doku „Reclaim – Der Kampf um die Demokratie auf TikTok“ von Lisa-Marie Gotsche hält die Jury u. a. fest: „Es ist leicht, sich im Dickicht der Aktualität und dystopischen Abgesänge auf die Demokratie zu verlieren. Umso wichtiger ist es, versierte Kenner:innen zu finden, die bereit sind, uns durch dieses Dickicht zu navigieren, uns in den Kaninchenbau neuer Technologien zu begleiten und jene Schlachtfelder zu zeigen, auf denen eine junge Generation einst noch getanzt hat und jetzt zu hetzen und zu hassen lernt. Der Preisträgerfilm hat diese Kenner:innen gefunden und präsentiert sie uns in einer wunderbar witzigen und schnellen Computerspielästhetik. Sie erklären uns, wie es sein kann, dass ausgerechnet junge Menschen Wahl um Wahl immer mehr Gefallen an rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien finden, welche Rolle die Plattform TikTok dabei spielt und wie wenig Fakten gegen ein gutes Meme im algorithmisch diktierten Populismus ankommen. Der Film liefert auf überzeugende Weise Einblicke, in einen Kosmos, der auch für Social-Media-Muffel jeden Alters zugänglich gemacht wird. Und er lässt uns nicht hoffnungslos zurück. Im Gegenteil. Er zeigt, wie der Gegenangriff aussehen kann. Diese Schlacht ist noch lange nicht geschlagen. Das Schlachtfeld muss nur reclaimed werden“, so die Fachjury.

Neben den beiden Preisträgerfilmen waren weiters folgende Produktionen zum Franz-Grabner-Preis 2025 nominiert: in der Kategorie Kinodokumentarfilm die vom ORF im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens kofinanzierten Projekte „Favoriten“ von Ruth Beckermann und „24 Stunden“ von Harald Friedl, in der Kategorie Fernsehdokumentarfilm/TV-Serie/Webformat die „Universum History“-Produktion „Verbotenes Begehren – Meilensteine queerer Geschichte“ von Fritz Kalteis und das von der ORF-TV-Kultur produzierte Porträt „Karl Kraus – Die Macht des Wortes“ von Franz Gruber und Susanne Pleisnitzer.

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