Alpha-Synuklein: Schlüsselprotein im Kampf gegen Parkinson

MIT 8,4 MILLIONEN BETROFFENEN IST DIE PARKINSON-KRANKHEIT DIE ZWEITHÄUFIGSTE NEURODEGENERATIVE ERKRANKUNG WELTWEIT. VIELVERSPRECHENDE FORSCHUNGSANSÄTZE RUND UM DAS PROTEIN ALPHA-SYNUKLEIN MACHEN HOFFNUNG AUF ZUKÜNFTIGE PROGRESSIONSVERLANGSAMENDE THERAPIEN. NEUE BIOLOGISCHE SCREENING-METHODEN KÖNNEN BEREITS EINE FRÜHERKENNUNG NOCH VOR DEM AUSBRECHEN DER ERSTEN SYMPTOME ERMÖGLICHEN. DARÜBER UND ÜBER NEUENTWICKLUNGEN DER SYMPTOMATISCHEN BEHANDLUNG GEHT ES BEI DER INTERNATIONAL CONFERENCE ON ALZHEIMER’S AND PARKINSON’S DISEASES AND RELATED NEUROLOGICAL DISORDERS, DIE VOM 1. BIS 5. APRIL IM AUSTRIA CENTER VIENNA STATTFINDET.

„Die Parkinson-Krankheit ist mit an die 8,4 Millionen Betroffenen weltweit eine sehr häufige Krankheit. Leider ist sie derzeit noch nicht heilbar, aber wir können ihre Symptome schon sehr gut behandeln. Da die Parkinson-Krankheit häufig erst diagnostiziert wird, wenn bereits 70 % der Dopamin-produzierenden Zellen in der schwarzen Substanz im Gehirn abgestorben ist, wird gerade sehr stark an der Frühdiagnostik der Parkinson-Krankheit gearbeitet. Die große Hoffnung ist, dass zukünftig Parkinson nicht nur viel früher erkannt, sondern dann auch mit neuen, innovativen Therapien behandelbar sein wird, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen können. Sehr viel versprechend sind hier zum Beispiel Forschungsansätze rund um das Protein Alpha-Synuklein“, so Assoc. Prof. Priv. Doz. Dr. Petra Schwingenschuh, Vizepräsidentin der österreichischen Parkinson-Gesellschaft (ÖGP). Beim AD/PD-Kongress fungiert sie als Vorsitzende des Symposiums für Fortschritte in der Parkinson-Behandlung.

PARADIGMENWECHSEL IN DER DIAGNOSTIK DURCH NEUE BIOLOGISCHE DEFINITION

„Wir gehen davon aus, dass die Parkinson-Krankheit schon mindestens 10 Jahre lang im Körper wirkt und es zu Schädigungen im Gehirn kommt, bevor die ersten klinischen krankheitsdefinierenden Symptome auftreten. In der Hoffnung, neue Behandlungsmethoden zu finden, die nicht nur die Symptome, sondern auch die Ursachen von Parkinson bekämpfen können, braucht es daher auch einen Paradigmenwechsel in der Diagnostik. Daher wurde kürzlich auch eine biologische Definition der Erkrankung, die vorerst nur im Rahmen von Studien Anwendung finden soll, vorgeschlagen“, betont Schwingenschuh. Hier sollen die Genetik, Nachweise für Alpha-Synuklein-Ablagerungen und Nachweise einer Neurodegeneration berücksichtigt werden. Über die Rolle der Bildgebung in einer biologischen Krankheitsdefinition wird Prof. Werner Poewe, Past President der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft, am Mittwoch in der Sitzung „PD and DLB: Advances in Diagnosis“ berichten.

MÖGLICHER NACHWEIS VON SYNUKLEIN-ABLAGERUNGEN IM BLUT

„Vor allem im Nachweis der Synuklein-Ablagerungen gibt es große Fortschritte. Konnten sie früher nur nach dem Tod im Gehirn nachgewiesen werden, können wir derzeit schon beim Lebenden aus der Riechschleimhaut und dem Nervenwasser entsprechende Informationen erhalten. Zudem gibt es erste Studien, die sich ansehen, wie ein Nachweis der Synuklein-Ablagerungen im Blut auch im Frühstadium möglich sein könnte. Das wäre dann ein riesiger Meilenstein“, so die Neurologin.

ALPHA-SYNUKLEIN ALS DREH- UND ANGELPUNKT

Obwohl die Wissenschaft noch nicht weiß, warum die Gehirnzellen im Zuge der Parkinson-Krankheit absterben, wird hier dem Protein Alpha-Synuklein eine zentrale Rolle beim Krankheitsprozess zugeschrieben. Dieses Protein verklumpt sich nämlich und führt zu Ablagerungen, die dann zum Absterben der Nervenzellen führen. „Da der Zerstörungsprozess zuerst bei den Riechnerven und den Nervenzellen des Magen-Darm-Traktes starten und von dort aus zum Gehirn wandert, sind Früh-Symptome der Parkinson-Krankheit Geruchsstörungen, Verstopfungen, veränderte Stimmung und REM-Schlaf-Verhaltensstörungen. Sie treten viel früher auf als typische motorische Symptome wie das Zittern, Muskelsteifigkeit und die Bewegungsverlangsamung“, erklärt die Neurologin. In der Forschung wird deshalb daran gearbeitet, Medikamente zu entwickeln, die eine Verklumpung des Alpha-Synuklein verhindern oder verlangsamen können.

GENETIK ALS TEIL DES PUZZLES

Eine sogenannte monogene pathogene Variante, die für Parkinson-Krankheit prädisponiert, kann bei etwa 15% aller Parkinson-Patienten nachgewiesen werden. Im Bereich der Genetik gibt es viele Fortschritte, die in mehreren Sitzungen präsentiert werden. Mit verschiedenen Forschungsansätzen werden die Ursachen und Auswirkungen genetischer Veränderungen untersucht und sind Basis von derzeit untersuchten krankheitsmodifizierenden Therapieansätzen.

L-DOPA – DER GOLDSTANDARD IN DER SYMPTOMATISCHEN BEHANDLUNG

Neben den Forschungsergebnissen rund um die zukünftige Behandlung und Diagnostik von Parkinson geht es beim Kongress auch um die Fortschritte bei der bestehenden symptomatischen Behandlung der Parkinson-Erkrankung. Hier produziert das Gehirn zu wenig Dopamin. Das ist ein wichtiger Neurotransmitter des zentralen Nervensystems, der für eine Vielzahl an lebensnotwendigen Steuerungs- und Regulierungsvorgängen benötigt wird – u.a. auch für die Motorik. „Der Goldstandard in der symptomatischen Parkinson-Behandlung ist daher die Behandlung mit L-Dopa. L-Dopa ist eine Substanz, welche die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann und sich dann im Gehirn in den Botenstoff Dopamin umwandelt. Wird das Gehirn mit ausreichend Dopamin versorgt, können Symptome wie die Steifigkeit und die verlangsamte Bewegung gut behandelt werden“, erklärt Schwingenschuh. Ergänzend zu L-Dopa kommen auch Dopaminagonisten und Inhibitoren, die den Abbau von Dopamin verhindern sollen, zum Einsatz.

INNOVATIVE RESCUE-MEDIKAMENTE: SCHNELLE HILFE BEI PLÖTZLICHEN SYMPTOMEN

Lässt sich die Parkinson-Erkrankung zunächst sehr gut mit L-Dopa behandeln, kann es mit dem Fortschreiten der Erkrankung zur fluktuativen Wirkung kommen. „Trotz guter Medikamenteneinstellung treten dann plötzlich wieder Symptome wie Muskelsteifigkeit, Zittern und ähnliches auf. Für diese Fälle wurden Rescue Medikamente entwickelt, die großteils ohne den Umweg des Magen-Darm-Traktes direkt und schnell wirken. Neben dem lange erprobten Apomorphin-Pen, wurden mittlerweile auch sublinguales Apomorphin und inhalierbares L-Dopa entwickelt, die ebenfalls innerhalb von wenigen Minuten zu wirken beginnen“, erklärt Schwingenschuh. Die Behandlung von Parkinson wird mit dem Fortschreiten der Erkrankung immer komplexer. Nach 5 bis 8 Krankheitsjahren kann der Bedarf an Medikamenten so komplex werden, dass auf Pumpsysteme gewechselt wird.

NEUE ULTRASCHALLBEHANDLUNG GEGEN STARKES ZITTERN

In gewissen Fällen – wenn das Zittern mit Medikamenten nicht ausreichend behandelt werden kann oder ausgeprägte Wirkungsschwankungen unter der Standardtherapie bestehen, gibt es auch eine invasive Behandlungsform, die sogenannte „Tiefe Hirnstimulation“. „Mit Sonden wird so operativ ein „Gehirnschrittmacher“ gelegt“, erklärt Schwingenschuh. „Seit kurzem gibt es in Österreich am AKH Wien auch eine zweite Form der chirurgischen Therapie, hier wird mithilfe von Ultraschall eine gezielte Läsion in einem kleinen Gehirnareal produziert.

8,4 MILLIONEN PARKINSON-KRANKE WELTWEIT – VERDOPPELUNG BIS 2040

Die Parkinson-Krankheit ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Weltweit schätzt die WHO sind (Stand 2019) 8,5 Millionen Menschen betroffen. 2040 soll es knapp 40 Millionen Menschen geben, die mit der Parkinson-Krankheit leben. Alleine in Österreich wird die Zahl auf 25.000 Menschen geschätzt. Bei dieser neurodegenerativen Erkrankung fällt der Botenstoff Dopamin aus. Das führt zum langsamen Absterben von Zellen im Gehirn und in der weiteren Folge zu Bewegungsstörungen wie motorische Symptome, Muskelsteifigkeit und Bewegungsverlangsamung.

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