Neue Bevorratungsverordnung: Generikaverband warnt vor Nebenwirkungen in der Versorgungssicherheit

Am 21. April 2025 tritt nach einer Übergangsfrist von zehn Monaten die neue Verordnung zur Arzneimittelbevorratung in Kraft. Ziel ist es, nationale Lagerbestände kritischer Medikamente zu erhöhen, um besser auf Engpässe und Notfälle reagieren zu können. Die pharmazeutische Industrie ist damit verpflichtet, bestimmte Arzneimittel in ausreichender Menge für den österreichischen Bedarf einzulagern.

Von ursprünglich 721 gelisteten Präparaten wurden seit der Erstveröffentlichung im Juni 2024 insgesamt 36 wieder entfernt, da sie inzwischen nicht mehr im Handel sind. Weitere Arzneimittel, die Paracetamol- oder Ibuprofen-Wirkstoffe enthalten, wurden ebenfalls von der Liste gestrichen, weil zuletzt keine Versorgungseinschränkungen aufgetreten sind. Damit verbleiben rund 600 Medikamente, die künftig unter die Lagerpflicht fallen.

Der Österreichische Generikaverband sieht diese Maßnahme weiterhin kritisch: „Solche mitgliedsstaatlichen Alleingänge können Engpässe nicht lösen, sie erhöhen aber das Risiko, sie noch zu verschlimmern“, so Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes.

DROHENDE SANKTIONEN GEFÄHRDEN VERSORGUNGSAUFTRAG

Generikahersteller produzieren heute bereits mit 80 bis 100 Prozent Auslastung. Trotzdem ist die Industrie jetzt verpflichtet noch größere Mengen an kritischen Arzneimitteln einzulagern. Wie das Produktionsvolumen trotz Vollauslastung in der Praxis erhöht werden soll, bleibt offen.

Besonders problematisch: Wenn Unternehmen trotz geringer Lagerbestände Patientinnen und Patienten weiterhin mit Medikamenten versorgen, drohen ihnen sogar Strafzahlungen, weil sie die Lagerverpflichtungen unterschreiten. „Das widerspricht dem Versorgungsauftrag und führt zu der absurden Situation, dass Arzneimittel zwar im Lager liegen, im Akutfall den Menschen aber nicht zur Verfügung stehen“, kritisiert Andiel.

Um solchen Strafzahlungen zu entgehen, müssen Länder mit strengeren Verpflichtungen bevorzugt beliefert werden – andere gehen dabei leer aus oder müssen selbst Sanktionen einführen. Ein Blick nach Frankreich zeigt, wohin das führen kann: Im September 2024 wurden Strafen in Höhe von 8 Millionen Euro verhängt, weil 30 von 5.000 gelisteten Medikamenten nicht vorrätig waren. Die Folge: Medikamente verschwinden aus der Versorgung, das bedroht letztlich den Patientenzugang zu leistbaren Medikamenten.

TEURE LAGER STATT SICHERER VERSORGUNG

Pflichtlager bedeuten darüber hinaus zusätzliche Kosten und Investitionen, die sich unter dem geltenden Billigstpreisprinzip wirtschaftlich kaum darstellen lassen, insbesondere dann, wenn potenzielle Strafen den möglichen Ertrag übersteigen.

„Pflichtlager erzeugen den Eindruck von Sicherheit, führen aber in der Realität zu Verteilungskonflikten und neuen Engpässen. Entscheidend wird sein, wie die Aufsichtsbehörde die Verordnung in der Praxis umsetzt. Ein angekündigtes Vorgehen mit Augenmaß ist positiv – aber nicht garantiert“, warnt Andiel.

WETTBEWERB UM MEDIKAMENTE WIRD VERSCHÄRFT

Auch auf EU-Ebene werden Pflichtlager kritisch gesehen. Der Entwurf des „Critical Medicines Act“ warnt ausdrücklich vor nationalen Alleingängen, die den Binnenmarkt belasten. Stattdessen werden Verhältnismäßigkeit, Transparenz und Solidarität bei der Gestaltung solcher Lagerpflichten eingefordert.

„In 13 EU-Staaten gibt es bereits ähnliche Regelungen, zwei weitere diskutieren sie. Der Wettbewerb um Medikamente wird sich weiter verschärfen, die Versorgungslage damit noch instabiler“, so Andiel. „Wir brauchen eine gemeinsame europäische Lösung, die Ursachen bekämpft – nicht bloß Symptome.“

Die zugrundeliegende Ursache für Engpässe sind die steigenden Produktionskosten, bei gleichzeitig ständig sinkenden Preisen. Die Wirkstoff-Produktion musste in Billiglohnländer verlagert werden, was zu einer zunehmenden Abhängigkeit bei wichtigen Basismedikamenten geführt hat. Pflichtlager sind daher die falsche Therapie. Es müssen die Preis- und Erstattungsregelungen dringend reformiert werden, sonst wird es zu keiner nachhaltigen Versorgungsverbesserung für die Menschen kommen.

Über den Österreichischen Generikaverband

Wir sind der Österreichische Generikaverband, ein Zusammenschluss von neun Generika-Produzenten, die sich zur optimalen Versorgung der österreichischen Patientinnen und Patienten mit hochwertigen, preiswerten Arzneimitteln bekennen. Das Ziel unseres Verbands ist einerseits, die Öffentlichkeit über die Vorteile von Generika zu informieren und andererseits aktuelle gesundheitspolitische Debatten mitzugestalten. Unsere Mitglieder sind Accord Healthcare GmbH, Bluefish Pharma, Dermapharm GmbH, G.L. Pharma GmbH, Genericon Pharma Gesellschaft m.b.H, ratiopharm Arzneimittel Vertriebs-GmbH, Sandoz GmbH, Stada GmbH und Viatris Austria GmbH.

Österreichischer Generikaverband
Ute Stocker
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